Einblicke in die autobiografische Schreibwerkstatt
Gastbeitrag von Angelika Haase
Kaum zu glauben.
Es gibt tatsächlich Methoden, Handwerkszeug, um zu schreiben.
Nie einen Gedanken daran verloren,
du Unwissende.
Schon immer den Topf am Ende des Regenbogens gesucht,
jetzt endlich gefunden.
(Angelika Haase)
Das Schreiben begleitet mich schon mein ganzes Leben. Mit dem Eintritt in den Ruhestand begann für mich ein neuer Lebensabschnitt, in dem das Schreiben inzwischen einen wichtigen Platz einnimmt. Um mich in der Kunst des Schreibens weiterzuentwickeln habe ich verschiedene Angebote genutzt, so auch den von den „selbstgestALTERn“ in Vechta angebotenen Kurs „Autobiografisches Schreiben“, geleitet von Dr. Ralf Raabe.
Anhand der folgenden Grafik und ihrer Beschreibung möchte ich deutlich machen, wie durch die Technik des Clustering zwei Texte von mir entstanden sind.
Ausgehend vom Cluster (im Original handschriftlich) Wohnen erstellte ich eine Chronologie meiner Umzüge. Ich habe bewusst darauf verzichtet, diese Details hier zu teilen. Der nachfolgende Text ist ein direktes Abbild meiner Gedanken und Gefühle, die ich im Cluster festgehalten habe. Jeder Umzug wurde als ein Kapitel meines Lebens dargestellt, das von Hoffnungen, Träumen, Enttäuschungen und Neuanfängen erzählt.
Umzüge
15 Umzüge aus so unterschiedlichen Gründen.
Abhängigkeit von den Eltern, nur weg.
Wunsch nach Freiheit, endlich erwachsen.
Enttäuschungen der verschiedensten Art.
Das Leben stellt sich auf den Kopf,
so verwirrend.
Suche nach Rückzug,
wo ist Heimat in mir?
Trügerische Hoffnung.
Begrabenes Leben, bevor es beginnt.
Der Sehnsuchtsort lockt verheißungsvoll.
Und wieder ruft die Freiheit,
nicht wissend um die Macht der Liebe.
Familie, scheinbare Sicherheit,
gemischt mit Trubel ohne Ende.
Seifenblasen, so schön sie auch schimmern
im Licht der Sonne,
irgendwann platzen sie.
Und was bleibt sind die Tropfen.
Wie Tränen im Nichts.
Während „Umzüge“ die Ereignisse meines Lebens chronologisch darstellt, ging ich mit „Veränderungen“ einen Schritt weiter. Was bleibt, sind all die Gefühle, die Erinnerungen auslösen, positive wie negative und die sich im Text „Veränderungen“ zu einem Ganzen fügen.
Veränderungen
Nichts ist mehr so wie vorher.
Alles muss neu sortiert werden.
Es gilt eine neue Balance zu finden, wenn möglich zu halten.
Was aber, wenn der Schein trügt?
Menschen sich ganz anders zeigen,
Orte nicht mehr passen wollen,
zu den Vorstellungen,
die du dir gemacht hast?
Der schöne Schein der Seifenblase im Licht der Sonne.
Verführerisch, verheißungsvoll.
Ihr Platzen absehbar, unausweichlich,
bis nichts mehr bleibt als die Tropfen.
Wie Tränen im Nichts.
Mein Fazit
Es war das erste Mal, dass ich einen Text in dieser Weise überarbeitet und von einer persönlichen Erfahrung zu einer allgemein menschlichen Erfahrung vertieft habe. Für mich war das eine interessante Erfahrung. Die Methode des Clustering und die schrittweise Auseinandersetzung mit meinen Texten haben mir nicht nur geholfen, meine Gedanken zu ordnen, sondern sie auch in eine Form zu bringen. Ich hoffe, mein Weg inspiriert auch andere, ihre Geschichten zu ergründen und zu teilen. Denn jede Lebensgeschichte ist einzigartig und wert erzählt zu werden.
Über die Autorin
Angelika Haase, Jahrgang 1952, verbrachte ihre Kindheit und Jugend im Berlin der 50er und 60er Jahre. Nachdem sie längere Zeit im malerischen Taunus in Hessen gelebt hatte und einen kurzen Lebensabschnitt in Kiel verbrachte, fand sie ihre Heimat im Landkreis Vechta, wo sie nun schon seit drei Jahrzehnten ansässig ist. Mit einem beruflichen Hintergrund als Großhandelskauffrau, diplomierter Sozialarbeiterin (FH) und systemischer Familienberaterin (SG) blickt sie auf eine vielseitige Karriere in unterschiedlichen Arbeitsbereichen zurück. Heute genießt sie die Freiheiten des Ruhestands, engagiert sich ehrenamtlich, pflegt den Kontakt zu ihren Kindern und Enkelkindern und widmet sich ihrer Leidenschaft für kreatives Schreiben und Gestalten.